Zweitmeinungsverfahren für Hüftoperationen

Nachdem es bereits das Zweitmeinungsverfahren für die Arthroskopie der Schulter, die Implantation einer Knie-TEP und die Wirbelsäulen-OP gibt, hat die KV nun auch das Zweitmeinungsverfahren für Hüftoperationen eingeführt, abrechenbar als „Zweit-“ und „Erstmeiner“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in vier Wochen starten die Honorarverhandlungen zwischen Vertragsärzten und Krankenkassen. KBV-Vorstandschef Dr. Andreas Gassen hat schon im Voraus angekündigt, dass „es wenig Sinn macht, 20 Prozent zu fordern“ und nimmt uns schon im Vorfeld den Wind der Hoffnung auf einen vernünftigen, den gestiegenen Kosten gerecht werdenden Verhandlungsabschluss aus den Segeln.

So bleibt es weiterhin immens wichtig, mit den begrenzten Mitteln, die uns die KV zur Verfügung stellt, eine effiziente Abrechnung zu erreichen.

Das Zweitmeinungsverfahren kann hier als kleiner Baustein dazu beitragen.

Seit dem 20.02.2020 gab es nach dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 22.11.2019 ein Zweitmeinungsverfahren auch für die Orthopädie, zunächst für die Arthroskopie des Schultergelenks. Im Verlauf kamen das Zweitmeinungsverfahren zur Kniegelenkendoprothese und zur Wirbelsäulen-OP hinzu.

Seit dem 01.07.2024 gibt es nun auch das Zweitmeinungsverfahren zur Implantation einer Hüftgelenkendoprothese.

Abgerechnet wird das Zweitmeinungsverfahren zur Hüftgelenkendoprothese analog zur Schulterarthroskopie oder Knie-TEP  über die Ziffer 01645 mit dem Suffix J.
Die Vergütung erfolgt extrabudgetär.

Abrechnung als „Zweitmeiner“

Die Abrechnung der GOP 01645  zum Zweitmeinungsverfahren ist genehmigungspflichtig.
Die Anzahl derjenigen, die die Genehmigung zur Abrechnung im Zweitmeinungsverfahren beantragt haben, ist nach Aussagen der KVNo gering.

Die geringe Beteiligung am Zweitmeinungsverfahren resultiert u.U. aus den Voraussetzungen zur Erlangung der Genehmigung. So heißt es in der KBV PraxisInfo dazu:

„Für die Genehmigung müssen Ärztinnen und Ärzte bestimmte Voraussetzungen nachweisen, die der G-BA in seiner Richtlinie vorgegeben hat. Dazu zählen die Anerkennung einer Facharztbezeichnung in dem für den jeweiligen Eingriff festgelegten Fachgebiet und eine mindestens fünfjährige ganztägige oder vom Umfang her entsprechende Teilzeittätigkeit in der unmittelbaren Patientenversorgung. Ferner müssen Ärztinnen und Ärzte nachweisen, dass sie ihren Fortbildungsverpflichtungen nachkommen und über eine Weiterbildungsermächtigung der Landesärztekammer oder eine akademische Lehrbefugnis verfügen.“

Die Genehmigung des Zweitmeinungsverfahrens ist dabei abhängig von der Weiterbildungsermächtigung für Orthopädie und Unfallchirurgie, welche die Ärztekammer erteilt.

Die Beantragung der Weiterbildungsermächtigung erfordert neben dem Facharztnachweis auch einen Lebenslauf, einen Erhebungsbogen für die Praxis sowie einen Leistungskatalog (Statistikbogen Weiterbildungsbefugnis), der die in der Praxis vermittelten Lehrinhalte beschreibt.

Die Ärztekammer Nordrhein stellt hierzu ein Formular über die spezifischen Inhalte der Facharztweiterbildung in Orthopädie und Unfallchirurgie für den ambulanten Bereich zur Verfügung, aus dem hervorgeht, welche Inhalte in der 12-monatigen Weiterbildungszeit als Ausbilder zu vermitteln sind.

Die Praxis muss nach den Richtlinien für die Bemessung einer Befugnis für die Facharztbezeichnung Orthopädie und Unfallchirurgie auch technische und bauliche Voraussetzungen erfüllen. So werden als (Mindest-)Anforderungen an die Ausstattung der Klinik bzw. Praxis das Vorhandensein einer konventionellen Röntgeneinrichtung (Skelett) einschließlich Röntgenbildwandler an Haus oder Praxis und ein Sonographiegerät genannt, und es muss mindestens ein ambulanter aseptischer OP vorhanden sein.
In der Praxis müssen mindestens ein Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie mit Fachkunde im Strahlenschutz sowie mindestens zwei Medizinische Fachangestellte bzw. Gesundheitspfleger/innen tätig sein und mindestens 250 ambulante orthopädisch-unfallchirurgische Behandlungen pro Jahr durchgeführt werden.

Eine über 12 Monate hinausgehende Befugnis ist nach der gültigen Weiterbildungsordnung nur im stationären Bereich möglich.

Darüber hinaus wird der Antragsteller gebeten, eine Art Curriculum zu verfassen, aus dem hervorgeht, wann welche allgemeinen und speziellen Lehrinhalte im Rahmen der Assistenzarztzeit vermittelt werden – inklusive Maßnahmen zur Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements. Es sollten durchaus auch Besonderheiten, die die Praxis für die ärztliche Ausbildung bietet, z.B. Schwerpunktpraxis für Orthopädische Rheumatologie, Kinderorthopädie, besondere operative Leistungen o.ä. benannt werden. Ein Merkblatt zum Weiterbildungsprogramm für die Weiterbildung in der ambulanten Versorgung soll hier Unterstützung bieten, zu finden unter:
Merkblatt Weiterbildungsprogramm
Nebenbei sei erwähnt, dass gemäß § 4 Abs. 5 der aktuellen Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein eine Weiterbildung grundsätzlich ganztägig und in hauptberuflicher Stellung abzuleisten ist. Dies bedeutet, dass auch der weiterbildungsbefugte Arzt ganztägig und hauptberuflich als Weiterbilder zur Verfügung stehen muss.

Die Frage nach einer Hüftoperation kann über die Gebührenordnungsposition 01645, die mit 8,95€ (75 Punkte) vergütet wird, abgerechnet werden. Durch den „Zweitmeiner“ hat eine indikationsspezifische Kennzeichnung aller im Zweitmeinungsverfahren durchgeführten und abgerechneten Leistungen als Freitext im Feld freier Begründungstext (KVDT‐Feldkennung 5009) mit dem Code 88200J zu erfolgen.

Abrechnung als „Erstmeiner“

Es gibt auch ohne vorhandene Weiterbildungsermächtigung die Möglichkeit für niedergelassene Orthopäden und Unfallchirurgen die GOP 01645 abzurechnen – als „Erstmeiner“, die die Indikation für den entsprechenden Eingriff stellen.

Erstmeiner ist der Arzt, der die Indikation stellt. Er kann für die Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit dem ärztlichen Zweitmeinungsverfahren die GOP 01645 einmal im Krankheitsfall (vier Quartale) abrechnen. Die Leistung beinhaltet auch die Zusammenstellung aller erforderlichen Unterlagen für den Patienten.

Ärzte sind verpflichtet, Patienten über ihren Rechtsanspruch auf eine Zweitmeinung zu informieren, wenn sie die Indikation für den planbaren Eingriff einer Hüftoperation stellen. Dies soll mindestens zehn Tage vor einem geplanten Eingriff erfolgen, damit die Patienten ausreichend Zeit haben zu entscheiden, ob sie eine zweite Ärztin oder einen zweiten Arzt konsultieren möchten.

Ein „Erstmeiner“ benötigt keine antragspflichtige Genehmigung zur Abrechnung der GOP 01645 und muss somit auch nicht über eine Weiterbildungsermächtigung verfügen.
Auch Orthopäden ohne Weiterbildungsermächtigung dürfen als „Erstmeiner“ für die Aufklärung und Beratung zum Zweitmeinungsverfahren die GOP 01645 abrechnen.
Die GOP 01645 beinhaltet die Aufklärung und Beratung über die Möglichkeit eine Zweitmeinung einzuholen, das Aushändigen des Informationsblattes des gemeinsamen Bundesausschusses (zu finden unter: 

G-BA Zweitmeinungsverfahren) und  Informationen zu geeigneten Zweitmeinungsärzten (hierzu kann die 116117 der KV Auskunft geben). Darüber hinaus ist er verpflichtet, sofern erforderlich alle relevanten Unterlagen für den „Zweitmeiner“ zusammenzustellen. Der Orthopäde sollte zudem auf die eingriffsspezifische Entscheidungshilfe des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Internet hinweisen.

Die abgerechnete GOP 01645 wird bundeseinheitlich eingriffsspezifisch gekennzeichnet, um eine extrabudgetäre Vergütung der Leistung zu gewährleisten.

Indikationsstellende „Erstmeinerinnen“ und „Erstmeiner“ können die Leistung GOP 01645 je Indikation einmal im Krankheitsfall (4 Quartale) abrechnen. Bei Indikationen, die mit einer Seitenangabe gekennzeichnet sind, zum Beispiel die Implantation einer Knieendoprothese, ist die GOP je Seite berechnungsfähig, also auch mehr als einmal im Krankheitsfall.

Für die Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit dem Zweitmeinungsverfahren bei Eingriffen zum Hüftgelenkersatz durch den „Erstmeiner“ ist die bundeseinheitliche Gebührenordnungsposition (GOP) 01645J vorgesehen.

Nutzen Sie das Zweitmeinungsverfahren, lassen Sie sich Ihre fachkundige Beratung zumindest in dem bescheidenen Umfang, den der EBM ermöglicht, vergüten.

Folgende OP-Indikationsstellungen sind aktuell abrechenbar:

  • Schulterarthroskopie – GOP 01645C
  • Implantation Knieendoprothese – GOP 01645E
  • Wirbelsäulen OP – GOP 01645F
  • Hüftendoprothese – GOP 01645J

Ich danke für aufmerksames Lesen und wünsche eine sommerliche Urlaubszeit.

Ihr/Euer
Markus Stock

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