Welche Auswirkungen hat der Wegfall der Neupatienten-Regelung?

Wie nutzen wir Orthopäden das TSVG aktuell?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich berichte Ihnen von unserem Gespräch mit Herrn Schultejans, Leiter der Abrechnungsstelle von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein vom 2.Oktober 2024.

In dem Gespräch ging es zum einen um die Entwicklung des Honorars in der Orthopädie, zum anderen wollten wir klären, welche Auswirkungen der Wegfall der Neupatienten-Regelung auf die Orthopädie hat und in welchem Umfang wir von der Nutzung des Hausarztvermittlungsfalls profitieren.

Bei der Entwicklung der Zahlen wird das letzte abgerechnete Quartal 1/2024 ins Verhältnis zu den Vergleichsquartalen der vorangegangen 8 Jahre gesetzt.

Zunächst zur Gesamtentwicklung der Honorare für die Orthopädie im Versorgungsgebiet der KVNo in der Zeit vom 1. Quartal 2016 bis zum 1. Quartal 2024:

Seit dem 1. Quartal 2016 bis zum 1. Abrechnungsquartal 2024 ist es zu einem Zuwachs des Honorars für die Orthopädie und Unfallchirurgie von ca. 18 Mio. € gekommen, dies entspricht einem Mehr von 46,42%.

Bezogen auf das Honorar jedes einzelnen zugelassenen Orthopäden ergibt sich über den Beobachtungszeitraum folgende Entwicklung:

Auch wenn die Orthopäden im ersten Quartal 2024 im Vergleich zu 2023 einen deutlichen Zuwachs des Honorars erlebt haben (+12,53%), rangiert die Vergütung doch noch deutlich unter dem Mittel der übrigen Fachärzte wie obige Grafik zeigt.

Das durchschnittliche Honorar je Behandlungsfall lag im ersten Quartal 2024 bei aktuell 59,07€ bei insgesamt gut 960.000 Behandlungsfällen in diesem Zeitraum. Sowohl die Anzahl der Behandlungsfälle als auch deren Vergütung haben im Verglich zum 1. Quartal 2023 zugenommen (2023: 932.000 Behandlungsfälle mit 53,66€/Fall).

Die folgende Grafik gibt Auskunft darüber, wie sich die kassenärztliche Vergütung für die Orthopäden zusammensetzt.

Die Zahlen zeigen, dass das TSVG bei der Honorarzusammensetzung eine nicht unerhebliche Rolle spielt.

Die Übersichten von Herrn Schultejans zeigen an, dass der Wegfall der Neupatientenregelung keine entscheidende Rolle mehr spielt.

Durch die Nutzung anderer TSVG-Tools wie die Ausweitung der Offenen Sprechstunde und

Hausarztvermittlungsfälle konnte der Wegfall sehr gut kompensiert werden.

Hier scheint sich v.a. die Nutzung der offenen Sprechstunde gut etabliert zu haben – auch im Vergleich zu anderen Facharztgruppen:

So hat zum einen die vermehrte Nutzung der offenen Sprechstunde als auch die Zunahme der Hausarztvermittlungsfälle zu einem Anstieg der Honorare geführt.

Auch wenn die Zahlen für die Nutzung der offenen Sprechstunde als auch bei der Nutzung der Hausarztvermittlungsfälle gestiegen sind, ist hier noch Luft nach oben.

Bisher beteiligen sich gut 84% der Orthopäden an der offenen Sprechstunde und nur knapp 63% an den Hausarztvermittlungsfällen.

Während die durchschnittliche Vergütung pro Behandlungsfall im ersten Quartal 2024 bei 59,07€ lag, konnte in dieser Zeit über das TSVG der durchschnittliche Behandlungswert bei der offenen Sprechstunde auf über 74€ bzw. über 65€ bei der Hausarztvermittlung gesteigert werden.

Nutzen Sie die offene Sprechstunde, bis zu 17,5% der Patienten können so extrabudgetär abgerechnet werden. Die unten gezeigte Grafik gibt an, dass immer noch 87 Orthopädische Praxen  die offene Sprechstunde nicht abrechnen.

Die folgende Tabelle zeigt in welchem Umfang wir Orthopäden den Hausarztvermittlungsfall nutzen:

Hier wird dargestellt, in welchem Verhältnis die Nutzung des HA-Vermittlungsfalles vorliegt.

Im Regelfall ist sichtbar, dass sich die HA-Vermittlung wirklich nur auf eine geringe Anzahl von Fällen bezieht.

Knapp Dreiviertel aller Praxen nutzen den HA-Vermittlungsfall in einem Umfang von weniger als 1% und 99 Praxen machen sogar gar keinen Gebrauch vom Vermittlungsfall.

Bei den Kollegen, die eine hohe Auslastung des Vermittlungsfalls haben, ist die KV angehalten nachzufragen, wie die hohe Zuweiserquote zustande kommt. Machen Sie sich hierüber aber keine Sorgen, ein Dreizeiler über die Strukturen in der Praxis, die die Zuweiserquote erklären, sollte zur Begründung ausreichen.

Pflegen Sie die Kontakte zu ihren zuweisenden Hausärzten.

Ein persönliches Telefonat von Arzt zu Arzt oder ein bestimmtes Formular sind für die Vermittlung eines Termins mit dem Hausarzt nicht erforderlich. Es reicht ein einfaches Fax, manche Kollegen bieten den Hausärzten selbstentworfene Formulare an, über die sie dann Termine in der Facharztpraxis anfragen können. Die Kommunikation über Sprechstunden-Slots für Hausarztzuweisungen kann ebenfalls hilfreich sein, oder auch die Einrichtung einer eigenen Telefonnummer über z.B. ein Prepaid Handy.

Ein Hausarztvermittlungsfall ist beim Erstkontakt mit dem Patienten berechnungsfähig, erfolgt die Vermittlung eines Termins nach dem ersten APK im Quartal, ist der Schein nicht als Hausarztvermittlungsfall abrechnungsfähig.

Die für das Jahr 2025 voraussichtlich zu erwartende Steigerung des KV-Honorars um 3,85% ist mehr als enttäuschend und wird weder den gestiegenen Kosten in der Praxis noch den gestiegenen Lebenshaltungskosten gerecht. Wenn den letzten Verhandlungen mit den Kassen etwas Positives abzuringen ist, liegt dies nach Einschätzung der KV darin, dass in Zukunft das Arzthonorar gesondert zu dem Orientierungswert verhandelt wird.

Zu guter Letzt war die Frage, auf welchem Kenntnisstand die Abrechnungsstelle der KV hinsichtlich der Novellierung der GOÄ ist, und ob es von hier Informationen gibt, welche Richtung die Entscheidung zur GOÄ Neu nimmt, auch im Hinblick auf eine Anpassung der GOÄ in Richtung EBM-Vergütungssystem. Näheres hierzu konnten wir leider nicht erfahren.

Nach allem, was bisher durchsickert, scheint sich eine Neuerung der GOÄ nicht zu unseren Gunsten zu entwickeln.

Bleiben Sie freundlich zu Ihren Kollegen und Kolleginnen und kritisch gegenüber den Entscheidungsträgern im Gesundheitssystem.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Markus Stock 

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